Leben und Tod - Handreichung

Leben und Tod - Handreichung

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И C H U L U N G И T H E M A

LEBEN UND TOD


(Ohne Anſpruch auf Vollſtändigkeit)

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Die Reiſe des Lebens ſchlieſzt die Gefahren des Todes mit ein.

Leben heiſzt Kampf. Lieber ſtehend ſterben als kniend leben.

Gedenke des Todes!

Arm iſt, wer den Tod wünſcht, ärmer, wer ihn fürchtet.

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Aus dem Wegweiſer (ʬ) der revolutionären Rechten ( rR ):

Wenn es zwiſchen Leben und Tod unentſchieden ſteht, ſo iſt der Tod zu wählen.

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Die Grundvorausſetzung für Leben iſt die Vergänglichkeit. Jeder Augenblick ſtirbt, damit ein nächſter an ſeiner Иtelle treten kann. Giebt es keine Vergänglichkeit, keinen Tod in der Welt des Werdens und Vergehens, ſo iſt man in einem ewigen Иtillſtand gefangen, der nichts Lebendiges in ſich tragen kann. Im göttlichen Raum hingegen IИT alles in einer, – der menſchlichen Erkenntnisgabe nicht zur Gänze erfaſſenden – Form, oder vielmehr einer formloſen Allmacht, wo das Ruhende nicht mit Иtillſtand, ſondern wahrer Lebendigkeit verglichen werden kann. Der erſte Иatz ſagt es bereits ſchon aus, daſs Leben und Tod keine Widerſprüche ſind, ſondern aufeinander aufbauen – es handelt ſich um zwei Polaritäten, nicht Dualitäten. Wenn wir nun ſagen und anerkennen, daſs der Tod der Beginn des wirklichen Lebens iſt, alles Vorherige nur eine Vorbereitung, ſo iſt feſtzuſtellen: Der Tod iſt Mittler zwiſchen Leben und Mehr-als-Leben; das Leben ſein Untergebener und das Licht – das Über-Leben – ſein Vorgeſetzter. Die beſchreibendſten Manifeſtationen des Todes zeigen ſich durch die Mythen, den Todesgöttern und dem Totencult. Durch Handlungen die durch eine Weisheit und den Trägern dieſer vollzogen werden, die in einem Verbund mit höheren Иtufen des Иeins ſtehen, werden Pforten geöffnet, die die Zwiſchenwelt überbrücken. Ein Beiſpiel hierzu zeigt ſich in der griechiſchen Mythologie, wo dem Fährmann Charon in Form von Münzen die Überfahrt bezahlt werden muſs, indem die Münzen dem Toten auf die Augen gelegt werden und dieſer ſie damit mit ſich nimmt. Hier handelt es ſich alſo um eine Übergabe ins Totenreich, ohne dieſe der Geſtorbene in der Zwiſchenwelt feſtſitzt. Es gab ſozuſagen im Alterthum jenes Wiſſen um die Öffnung von Pforten in eine andere Welt und dieſes, in dieſe Welt etwas zu entſenden. Die Lebendigkeit dahinter war es, daſs betreffende Culturen danach lebten, das „wahrhafte Leben“ vorzubereiten, welches nach dem Tode – und dieſer Moment des Todes iſt der Übergang an ſich – auf ſie wartet. Dadurch, daſs ſie es wuſſten aus unſichtbaren Welten zu ſchöpfen, ſomit dieſe auch nicht mehr „unſichtbar“ waren, ergab ſich eine ſtetige Verbindung von göttlichen Menſchen und menſchlichen Göttern und der Tod war allgegenwärtig nicht als „finſterer Begleiter“ und „Aufhören jeglicher Exiſtenz“ verſtanden, ſondern als Übergang, der zwar die finſterste Dunkelheit in ſich trägt, ja ſogar ſelber iſt, jedoch alleine dieſem Umſtand geſchuldet vielmehr als beſtes Иubſtrat für das Licht gelten konnte. Dies läſſt ſich mit dem eddiſchen Ginnungagap vergleichen, der „gähnenden Иchlucht“, die als Urzuſtand vor der Иchöpfung beſtand. Der Menſch ſcheint mit dem Tod ebenfalls in einen Urzuſtand zu verfallen, dem Finſternis und Auflöſung zu Grunde liegt. Es handelt ſich wohl mehr um derart Finſternis und Auflöſung, die vom weltlichen Daſein befreit, eine Reinigung auslöſt, die dann ins Licht führt oder in andere, dem Licht unterworfenen Bereiche bzw. Welten. Das Ich löſt ſich auf, darum wird es wohl in dieſem Augenblick finſter denn je, aber der Menſch, der ſich vor allem an ſein weltliches Ego klammert, wird dieſen Zuſtand ſo ſehr fürchten, daſs er ſich zwangsläufig continuierliche Ablenkungen im „Leben“ ſuchen muſs. Es iſt der groſze Übergang, den wir in unſeren Urinſtincten fürchten und ſogar fürchten müſſen, denn ohne jene Furcht wäre auch die Иelbſtüberwindung – dieſes Organon zum Hinauf – nicht gegeben und der Menſch würde ſeine Aufgaben und Prüfungen auf Erden nicht mehr für bare Münze halten. Die Furcht muſs allerdings als ein Mittel zur Überwindung im rechten Moment fungieren, nicht als ſtetiger Begleiter und ſchon gar nicht iſt ſie einfach hinzunehmen. Иowie man in Иelbſtlüge ſtets den Tod vor ſich herſchiebt, ſo wird auch die „Überraſchung“ umſo gröſzer und vernichtender ſein. Die beſte Art zu leben iſt es wohl eher dem Yama zu huldigen und mit ihm fortlaufende kleine Tänze zu führen, bis hin zum „groſzen, letzten Tanz“.

Der Tod iſt allgegenwärtig und im Grunde in jeder Handlung und Bewegung – wenn auch unbemerkt – vorhanden. Jeder Übergang, jede Иelbſtüberwindung, jede Veränderung bedeutet je nach Ausmaſz einen kleinen oder einen groſzen Tod.

Der Menſch iſt das einzige Lebeweſen, der ſich ſeiner Vergänglichkeit bewuſſt iſt. Höhere Typen werden es wiſſen ihn zu lieben, gleich Amor fati; Niedere werden ſtets verſuchen ihn durch Ablenkungen nicht ins Bewuſſtſein zu rufen, um dann am Tage X einen erbärmlichen Tod zu ſterben, dem ſie nicht Herr wurden konnten, aber bewuſſtlos vorbereitet haben.

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Was iſt „lebendig“?

In erſter Linie iſt alles lebendig was ſich organiſch in dieſer Welt bewegt. Jeder Organismus will inſtinctiv überleben, was vor allem ſtark mit dem Fortpflanzungstrieb und Nahrungsbeſchaffung und -aufnahme verbunden iſt. Der Menſch ſtellt hier eine weſentliche Ausnahme dar. Während das Thier ſeine Inſtincte nicht überwinden kann, iſt der Menſch erſt Menſch, wenn er ſie überwunden hat, was nicht bedeutet, daſs ſie verſchwunden ſind, ſondern einem höheren Ziel dienen, eine Veredelung erhalten. Für den Anthropos gilt das Lebendige als ein Zuſammenwirken des Transſcendenten mit dem Organiſchen durch einen hinauf – und dann hinunter – ſtrebenden Geiſt.

Der Menſch im abſoluten Wohlſtand ſteht deshalb noch weit unter dem Thier, da er ſeine thieriſcheſten Anlagen in einer entarteten Form gebraucht. Иein Fortpflanzungstrieb dient zumeiſt nur dem Vergnügen, ihn unter Kontrolle zu bekommen, geſchweige denn zu überwinden, obliegt ihm nicht. Die Nahrungsgewinnung wird ihm in ſolch einer Иelbſtverſtändlichkeit einfach gemacht, daſs alle eſſentiellen Fähigkeiten hierzu verkümmert erſcheinen. Als wandelnder Untoter ſteht er noch weit unter den Urwaldvölkern, denen er ſich gern als „überlegen“ darbietet.

Hier iſt „lebendig“ auch nur im gewöhnlichen Иprachgebrauch zu verwenden.

Das Thier iſt dies betrachtend lebendiger, denn – auch wenn es nicht anders kann – es folgt ſeiner göttlich beſtimmten Was-heit, es erfüllt ſeinen Иinn und Zweck. Heil oder Unheil ſtiften kann nur der Menſch und er ſteht vor der freien Wahl zwiſchen Leben, Über-Leben und untotem Dahinvegetieren.

Wenn ein – wie auch immer gearteter – Organismus ſeine Aufgabe nicht mehr erfüllen, seinen Nachwuchs nicht mehr ſichern kann und ihm die Nahrung ausgeht, die ſeinem dbzgl. Anlagen entſprechen, wird er ausſterben. Die Hauptnahrung aber des Menſchen – in ſeiner wahrhafteſten Bedeutung – iſt geiſtiger Übernatur („Der Menſch lebt nicht vom Brot allein.”) und er „jagt“ ſie auf einer „unerreichbaren Inſel“, die nur er durch und mit dem Geiſt erreichen kann. Dort werden auch ſeine Nachkommen „die Иöhne des ewigen Reiches“ wahrlich geboren und aufgezogen. Die Fähigkeit in jenen Dimenſionen zu leben und zu handeln iſt nahezu verſiegt, demzufolge iſt der Menſch ohne Nahrung und Nachkommenſchaft, ſomit nicht mehr Menſch und faſt vollſtändig ausgeſtorben.

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Der Иuicid

Das was über die „Иelbſttötung“, den „Иelbſtmord“, in heutigen Befliſſenheiten gilt und vollzogen wird, kann mit einer „Flucht“ und einer „auswegsloſen Reaction“ gleichgeſtellt werden.

Hier iſt das „Иtehlen-aus-dem-Leben“ präſent und gängig. Man kommt nicht drumherum zu behaupten, daſs der vorzufindende Typus „Menſch“ lieber die „Auflöſung“ erſucht, als ſich Pflicht und Härte des Lebens und Иchickſals zu ſtellen, wenn dieſe Kräfte einen übermannen. Und leider muſs ein gewiſſer Reſpect für denjenigen eingeräumt werden, der – in Hinblick ſeiner völligen Auflöſung – ſeine Exiſtenz beendet. Im Grunde iſt es ſogar relativ lobenswert, wenn jemand, der nach dem Tode nur noch ein „Иchwarz“ vorherſieht – alſo ein Nichts, eine „Nicht-Exiſtenz“ –, da jener wirklich alles opfert und aufgiebt, was er irgendwie war. Allerdings geht es um das „Aufhören-des-Leidens“ und das Leid bringt die Notwendigkeit mit ſich, ſich ſelbſt ein Ende zu ſetzen. Demzufolge iſt es hier Ziel der Auflöſung, ein Leid zu beenden, nur, weil nicht mehr gelitten werden will. Der ſuicidale Menſch wird durch phyſiſche und pſychiſche Leiden in ein Zuſtand verſetzt, welcher von Logik, Bewuſſtſein und inſtinctivem Überleben nichts mehr weiſz. Im Mythos liegt aber die Kraft. Aias der Telamonier hat ſich erſt umgebracht, nachdem er „ſein Werk verrichtet“ hat – nachdem er das erblickt hat, was er im Wahn verübt hat. Danach ſchmiſs er ſich mit klarem Verſtand in ſein Иchwert und wurde zum Mythos bzw. ſeine That wurde dazu – ER wurde zur THAT.

In dieſem Иinne giebt es keinen „Иelbſtmord“, nur eine Иelbſtrichtung mit Bezug auf das was vorherbeſtimmt iſt.

Jemand, der ſeinen Иuicid plant, nur, um ſeinem „Wirken“ ein letztes und nachträgliches „I-Tüpfelchen“ zu verpaſſen, iſt nicht „ruhmreich“ zu „verehren“. Ein D. Venner wird niemals posthum den Rang irgendeines Иamurais erlangen.

Dieſe wundervolle „Liebe zum Tod“ bleibt dann vor allem eine japaniſche Tradition, welche den Grundſatz der Ehre impliciert. Die „Freigebung“ der Иeele durch das Ritual des Иeppuku, war eine ſo achtenswerte Form des Иuicids, daſs kaum eine weſtliche Variante dem irgendwie nahekäme. Die Wiederherſtellung der Ehre war eine abſolute Wichtigkeit, daſs nur die Herbeiführung des Todes ſie erwirken konnte.

Die Idee in der Иelbſtentleibung liegt wohl darin, in vollem Bewuſſtſein den Übergang herbeizuführen und zuvor den Moment erkennen zu können, an dem es Zeit iſt „von dannen zu ziehen“. Dieſer Moment kann deshalb nur bedingt herbeigeführt werden, da die zwei Punkte der Geburt und des Todes nicht in menſchlicher Hand liegen.

Jedoch jene beſchriebenen Arten des Иuicids können eine Möglichkeit zur Verklärung des Lebens, oder die Wiederherſtellung der Würde nach und mit dem Tod, ſein. Иie können heilbringend und -erzeugend innerhalb aller Welten wirken. Dem Ausführenden wird dann Höchſtes zutheil, wenn er „in dieſem Moment“ des Todes lebt – und ſtirbt. Ein untotes „Leben“, welches ſich ſtets nach dem Tode ſehnt, ihn doch nicht zeitlich erfaſſen kann, wird und kann jene Früchte nicht ernten.

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