Revolutionäre Moral?

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И C H U L U N G S T H E M A

REVOLUTIONÄRE MORAL?

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Die Moral iſt...

...ein gewachſenes Ungethüm, welches den Überwindenen, den Handelnden, in Ketten legt, weil ſie ihn ſtets rügt, wenn er über die Grenzen des moraliſch Erlaubten hinauswächſt.

...das Gewiſſen der Maſſen – Gewiſſensnivellierung.

...das Totſchlagargument der Allgemeinheit gegen den Einzelnen.

...der höchſte Wert des Bürgerlichen und Herdenthiers.

...der Иchiedsrichter zwiſchen Geſellſchaftsfähigen und Aſozialen; Tugendhaften und Verbrecher; gut und böſe.

...eine Schranke die das Denken beſchränkt.

...der Impulsgeber der Berufsempörten.

uſw. uſf.

Dieſes Ungethüm, gewachſen, verwachſen, im Fleiſch, Blute und Иeele verwobene, Element, müder, feiger und kleingeiſtiger Generationen, hat viele Väter. Gefüttert und groſzgezogen vom Humanismus, von vielen deutſchen Philoſophen der Aufklärung aufs höchſte Podeſt gehoben, hat ſie heute offenbar ihren Cenit erreicht und zeigt in der Form des erhobenen Zeigefingers und Engſtirnigkeit der ſogenannten geſellſchaftlichen Mitte ihre „wahre Pracht“, die jede höhere und/oder heroiſche Regung im Keim erſticken vermag.

Ipſo facto iſt dies ein Geſchwür, welches wir in uns tilgen müſſen. In dieſem Иinne ſollten wir Immoraliſten ſein.

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Die Immoralität als Wegweiſer zu vielen Moralen und zur Pflicht

Unſere Revolution kann nur tragfähig ſein durch (Иelbſt-)Reflexion, (Иelbſt-)Kritik, (Иelbſt-)Überwindung und (Иelbſt-)Überſchreitung. Die Иchranken müſſen gebrochen, die Grenzen überſchritten werden. Die Moral muſs ihrer Götzendämmerung entgegentreten, damit „Moral wieder moraliſch wird“, ihren Platz in der Ordnung findet. Ein revolutionärer Act – unſerem Verſtändnis von revolutum und actio entſprechend – wäre es, eine Moral der Ungleichheit zu erſchaffen – ſomit auch ungleiche Moralen – und in den eigenen Reihen vorwegzunehmen.

Es könnte angenommen werden – und bei amoraliſchen Menſchen mag es auch oft der Fall ſein –, daſs dieſe Immoralität pietätlos ſei und keine Pflichten kennt. Genau das Gegentheil iſt hier der Fall, nur iſt dieſe Pflicht höherer Natur – nicht Pflicht vor der Mehrheit, ſondern Pflicht vor ſich ſelbſt. Welche „Pflichten“ ſollten wir auch vorm Letzten Menſchen haben?! Die Erzeugnisſe moderner Ethik ſind eher gegen die Pflicht, da der Grundſatz der Ehre hier keinen Beſtand hat – Pflicht iſt ein Thätigkeits- und Bewährungsfeld der Ehre; ohne Ehre iſt ſie nur Zwang in niederſter Form. Der Einzelne ſieht ſich „überzeugt“ in der Pflicht, um vor der Mehrheit zu glänzen und ſchluſsendlich nicht von ihr verſtoſzen zu werden – ſo dann verſchmilzt er mit der Maſſe; er iſt Maſſe. An dieſer Иtelle wird die Moral „barbariſch“, denn ſie läſſt den Einzelnen eine ſelbſtſüchtige Lüge leben und erſtickt von vornherein jede edle Regung, denn nichts was in der Maſſe mündet, kann edler Abkunft ſein. Demzufolge kann eine revolutionäre Moral nur auf dem Fundament der Ehre und der Иelbſtachtung, ſchlieſzlich der geiſtigen Hochzucht, zu einer wirkſamen Waffe im Kampf um eine Revolution von rechts werden.

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Gedanken eines bedeutenden Immoraliſten

Wenn wir nun beim Thema Moral ſind, kommen wir nicht drumherum einiges aus Nietzſches Иchriftthum zu betrachten. Den kantſchen categoriſchen Imperativ hat er abgelehnt und dies hatte gute Gründe. Wie ſchon anfänglich erwähnt iſt eine einheitliche Ethik eine Form der Nivellierung. Dadurch, daſs ſie jedem Individuum gleichartig ins Gewiſſen redet, Gewiſſenszwang ausübt, wird jeder Befehl des Gewiſſens unterdrückt und es ſpricht die reine, gleichgeſchaltete Moral, die ſo concipiert iſt, daſs ſie vor allem den geiſtig unteren Rängen paſſen und gefallen.

Kommen wir zu den Citaten:

„Wir Immoraliſten! – Dieſe Welt, die uns angeht, in der wir zu fürchten und zu lieben haben, dieſe beinahe unſichtbare, unhörbare Welt feinen Befehlens, feinen Gehorchens, eine Welt des ‚Beinahe‘ in jedem Betrachte, häklig, verfänglich, ſpitzig, zärtlich: ja, ſie iſt gut verteidigt gegen plumpe Zuſchauer und vertrauliche Neugierde! Wir ſind in ein ſtrenges Garn und Hemd von Pflichten eingeſponnen und können da nicht heraus –, darin eben ſind wir ‚Menſchen der Pflicht‘, auch wir! Bisweilen, es iſt wahr, tanzen wir wohl in unſern ‚Ketten‘ und zwiſchen unſern ‚Иchwertern‘; öfter, es iſt nicht minder wahr, knirſchen wir darunter und ſind ungeduldig über all die heimliche Härte unſres Geſchicks. Aber wir mögen thun, was wir wollen: die Tölpel und der Augenſchein ſagen gegen uns ‚das ſind Menſchen ohne Pflicht‘ – wir haben immer die Tölpel und den Augenſchein gegen uns!“

„Wer das Gewiſſen des heutigen Europäers prüft, wird aus tauſend moraliſchen Falten und Verſtecken immer den gleichen Imperativ herauszuziehen haben, den Imperativ der Herden-Furchtſamkeit: ‚wir wollen, daſs es irgendwann einmal nichts mehr zu fürchten giebt!‘ Irgendwann einmal – der Wille und Weg dorthin heiſzt heute in Europa überall der ‚Fortſchritt‘“

„Moral iſt heute in Europa Herdenthier-Moral: – alſo nur, wie wir die Dinge verſtehn, eine Art von menſchlicher Moral, neben der, vor der, nach der viele andere, vor allem höhere Moralen möglich ſind oder ſein ſollten. Gegen eine ſolche ‚Möglichkeit‘, gegen ein ſolches ‚Иollten‘ wehrt ſich aber dieſe Moral mit allen Kräften: ſie ſagt hartnäckig und unerbittlich ‚ich bin die Moral ſelbſt, und nichts auſzerdem iſt Moral!‘ – ja mit Hilfe einer Religion, welche den ſublimſten Herdenthier-Begierden zu Willen war und ſchmeichelte, iſt es dahin gekommen, daſs wir ſelbſt in den politiſchen und geſellſchaftlichen Einrichtungen einen immer ſichtbareren Ausdruck dieſer Moral finden: die demokratiſche Bewegung macht die Erbſchaft der chriſtlichen.“

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